Vor eineinhalb Jahren etwa beschloß ich Gutmensch zu werden. Damals hatte ich das Wort noch gar nicht bewußt gekannt, ich dachte tatsächlich, ich hätte es erfunden, und es hatte für mich einen reinen, guten Charakter. Upps, ist dieses gut denn noch positiv? Eieiei.
Jedenfalls kam ich über kurze einfache Weg ans Telefon mit Frau S., zuständig für die Asylbewerbercontainer vor Ort. Welche mich frugtete, wann ich denn anfangen wöllte. Ja, hm, wann paßt es Ihnen denn? Gleich? Wir haben heute einen Eriträer neu bekommen.
Oh kääääy.
16 Minuten später schüttele ich einem verängstigt dreinblickenden Herrn S. aus Eritrea die Hand (im Auto hatte ich vorsichtshalber Ebola und Eritrea gegoogelt…). Frau S. (Die Offizielle) lächelte, sprach: viel Spaß und verschwand. Eine innige Freundschaft zu ihr sollte hier ihren Anfang finden…
Da stehe ich nun. Herr S. spricht Tigrinya. Kein Deutsch, Englisch, Französich, Spanisch, Italienisch, Russisch, Schwedisch… Nur Tigrinya. Mein Tigrinya ist eher schleppend. Bis nicht existent. Wir lächeln uns an. So. Was nun. Wir müssen in die Stadt, ihn anmelden, ein Konto eröffnen. Ich deute mit Händen und Füßen, dass er und ich in die Stadt gehen. Sein Lächeln verschwindet. Angsterfüllte Augen starren mich an. Ich tanze ihm den gemeinsamen Behördengang vor, jeder Waldorfschüler würde erblassen vor Neid. Kein Lächeln. Angst. Ich rede, lächle, deute. Furcht.
Dann kapiere ich. Er versteht, dass er wieder weg muß, nicht bleiben darf, weitergereicht wird, immer weiter. Nein! Hier ist Ihr Zuhause für jetzt. Hier sind Sie in Sicherheit. Ein Strahlen erscheint in seinem Gesicht: dieses 2 x4 m Zimmer mit zwei Metallbetten und zwei Spinden und einem schnarchenden fremden Mitbewohner ist nun sein Zuhause. Sein Ankommen. Erleichterung pur.
Am nächsten Tag gehen wir uns anlächelnd zu den Behörden. Seit dem war ich dort schon mehrfach… 🙂