Streichen

Ich habe einen Holzbettrahmen seit über einem Jahr in der Garage stehen. Bevor ich ihn verwenden kann, muß er gestrichen werden. Endlich habe ich die passende Farbe besorgt, den richtigen Pinsel, die Bretter liegen aufgebahrt vor mir, farberwartungsvoll. Ich nehme tief Luft, und beginne hochkonzentriert die Farbe akurat aufzutragen. Nay, MÖCHTE beginnen. Denn nun erscheint aus dem Nichts das mir anverwandte jüngste Kind um die Ecke, die Augen werden groß: Streichen! Mama, darf ich helfen.

Ich stehe vor der Entscheidung: glückliches Kind oder ordentlich bemaltes Bett.

(Ich weiß wovon ich rede, eine unglaublich gelbe Wand ziert mein Heim)

Ich übergebe mit zusammengebissenen Zähnen den Pinsel, den einzigen, das Lächeln leicht erhärtet. Und es legt los, wild und ungestühm, Farbe fliegt in alle Richtungen, auch ab und an auf den Bettrahmen, Schaaatzi, bittersüßes Lächeln, kuckma, im Einklang mit deiner Atmung, der Maserung des Holzes nach, auf und ab, werde eins mit dem Holz. Ich habe zu viel Karate Kid gesehen. Das Kind wird eins mit der Farbe. Zur Untätigkeit gezwungen, hole ich mir einen Kaffee, drei Schnaps und eine Packung Valium. Das Kind malt. Pinselt. Streicht. lacht. Hör auf zu lachen. Konzentrier dich, verdammt. Ich versuche unauffällig Farbnasen zu entfernen, künstlerische aber dennoch unschöne Farbflecke zu korregieren. Plötzlich hat der Spuk ein Ende. Ein Freund kommt. Der Pinsel fällt. Kind weg. Ich betrachte das Werk.

Ich habe mich für ein unglückliches Bett und ein ordentlich bemaltes Kind entschieden.